Ich war in einer Veranstaltung in der ich als Künstler live malte. Live malen bedeutet immer eine gewissen Anspannung. Wirklich Raum das Bild neu anzufangen, weil ein blöder Fehler passiert, ist kaum da, da man im besten Fall ein Ergebnis bis zum Ende der Veranstaltung vorzeigen möchte. Mitten im Prozess tauchte dann dieses kleine Mädchen auf und fragte kühn ob sie nicht mitmalen dürfe.
Ich liebe Kinder und einer meiner Lieblingsaufgaben ist sie in ihrer Kreativität freizusetzen - doch jetzt, waren alle Augen auf mich gerichtet - und ich wusste, dieses Mädchen an meiner Arbeit zu beteiligen würde bedeuten mein Konzept, meine Vorstellung loszulassen. Die Kontrolle quasi abzugeben, nicht zu wissen, was am Ende herauskommt.
Spannend oder? Eine Situation in der uns Kinder immer wieder bringen, ungeplant, mitten im Alltag. Wir treffen dann die Entscheidung, wie es weiter geht. Lassen wir sie teilhaben an unserer wichtigen Erwachsenenwelt oder drücken wir unbewusst aus: Du bist noch nicht so weit, das ist nichts für dich, du verstehst das noch nicht - oder irgendwann bestimmt.
In diesem Moment läuft unser Leben wie geplant weiter - aber könnte es sein, dass wir eine Chance verpasst haben, den Kindern Raum zu geben, nicht nur einen Raum in denen sie so funktionieren, wie wir das gerne hätten, sondern RAUM, wo sie einfach KIND sein dürfen. Ihren Teil in unsere Erwachsenenwelt beitragen - und vielleicht, vielleicht ist es genau DER TEIL, den WIR ERWACHSENE so sehr brauchen. Mal ganz ehrlich, manchmal habe ich das Gefühl, wir leben in einer Gesellschaft in deren Kinder geduldet werden, ein notwendiges Übel, schließlich war man ja selbst mal Kind. Man muss eben das Beste daraus machen. Aus dieser Haltung entstehen Situationen das Spielplätze eher skeptisch beäugt werden, Schulen verklagt werden, da sie als Ruhestörung empfunden werden und Schulhöfe nur dezent gestaltet werden, da es die Ästhetik der Nachbarn stört. Ehrlich? Wollen wir das sein? Mich erinnert das an eine Geschichte aus der Bibel:
Jesus war in einer wichtigen theologischen Diskussion verwickelt - und dann geschah es, dass Kinder auf ihn zukamen. Natürlich wurde sofort eingeschritten und man versuchte sie von ihm fernzuhalten, schließlich, war er in einer wichtigen Diskussion. Was tat er? Er sprach, Lasst die Kinder zu mir kommen. Er ließ sich einfach unterbrechen und stellte sie in die Mitte, schenkte ihnen Beachtung und sagte den bekannten Satz: Wehret Ihnen nicht, den Ihnen gehört das Himmelreich. Das ist nicht "dulden", das ist ehren, emporheben ihnen Raum geben, Gehör schenken, sie als Teil der Gesellschaft sehen - JETZT - nicht erst dann, wenn sie so funktionieren, wie wir es gerne hätten - ganz nach unseren Regeln. Ja, ich habe mich getraut. Das kleine Mädchen malte das dazu, was sie schön fand und in ihrem Alter bereits Zeichnen konnte. Es entstanden kleine Häusschen, Blumen und ein Pferd. Nein, es war nicht mehr das, was ich wollte, aber es entstand eine tiefe Bewegung, die durch den ganzen Raum ging - ein Szene, die weitaus schöner war als jedes Bild und die Herzen berührte. Das entstandene Bild - hat jetzt umso mehr wert und ist für die Familie des kleinen Mädchen zu einer echten Kostbarkeit geworden. Sie war danach so voller Energie, dass sie sich ihre Schürze umhängte und voller Freude durch den Raum rannte. Sie war überzeugt, dass sie SUPERGIRL ist.
PS: Das oben abgebildete Bild, ist ein Gemälde, das ich im Nachhinein gemalt habe, da mich die Situation so berührt hat. Das Bild könnte ihr als Kunstdruck bei mir erwerben.
Es ist so wichtig, den Kindern mehr zuzutrauen - das stärkt und macht sie zu selbstbewussteren Erwachsenen